Europas Schande
Ein Gedicht von Günter
Grass (2012)
Dem Chaos nah, weil dem Markt nicht gerecht,
bist fern Du dem Land, das die Wiege Dir lieh.
bist fern Du dem Land, das die Wiege Dir lieh.
Was mit der Seele gesucht, gefunden Dir galt,
wird abgetan nun, unter Schrottwert taxiert.
wird abgetan nun, unter Schrottwert taxiert.
Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt, leidet
ein Land,
dem Dank zu schulden Dir Redensart war.
dem Dank zu schulden Dir Redensart war.
Zur Armut verurteiltes Land, dessen Reichtum
gepflegt Museen schmückt: von Dir gehütete Beute.
gepflegt Museen schmückt: von Dir gehütete Beute.
Die mit der Waffen Gewalt das inselgesegnete Land
heimgesucht, trugen zur Uniform Hölderlin im Tornister.
heimgesucht, trugen zur Uniform Hölderlin im Tornister.
Kaum noch geduldetes Land, dessen Obristen von Dir
einst als Bündnispartner geduldet wurden.
einst als Bündnispartner geduldet wurden.
Rechtloses Land, dem der Rechthaber Macht
den Gürtel enger und enger schnallt.
den Gürtel enger und enger schnallt.
Dir trotzend trägt Antigone Schwarz und landesweit
kleidet Trauer das Volk, dessen Gast Du gewesen.
kleidet Trauer das Volk, dessen Gast Du gewesen.
Außer Landes jedoch hat dem Krösus verwandtes
Gefolge
alles, was gülden glänzt gehortet in Deinen Tresoren.
alles, was gülden glänzt gehortet in Deinen Tresoren.
Sauf endlich, sauf! schreien der Kommissare
Claqueure,
doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück.
doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück.
Verfluchen im Chor, was eigen Dir ist, werden die
Götter,
deren Olymp zu enteignen Dein Wille verlangt.
deren Olymp zu enteignen Dein Wille verlangt.
Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land,
dessen Geist Dich, Europa, erdachte.
dessen Geist Dich, Europa, erdachte.
La Verguenza de Europa
Aunque próxima al caos, por no agradar al mercado,
lejos estás de la tierra que tu cuna fue.
Lo que con el alma buscaste y creíste encontrar
hoy lo desechas, peor que chatarra valorado.
Desnuda en la picota del deudor, sufre una nación a la que dar las gracias era antaño lo más natural.
País condenado a ser pobre, cuya riqueza
adorna cuidados museos: botín por ti vigilado.
Los que invadieron con armas esa tierra bendita de islas llevaban, con su uniforme, a Hölderlin en la mochila.
País tolerado ya apenas, a cuyos coroneles
toleraste un día en calidad de aliados.
País sin ley al que el poder, que siempre tiene razón, aprieta el cinturón más y más.
Desafiándote viste de negro Antígona, y en el país entero hoy lleva luto el pueblo cuyo huésped eras.
Pero, fuera de ese país, el cortejo de parientes de Creso ha acumulado en tus cámaras cuanto brillaba dorado.
¡Bebe de una vez, bebe! grita la clac de los comisarios, pero airado te devuelve Sócrates su copa a rebosar.
Maldecirán los dioses a coro lo que te pertenece, pero sin tu permiso no se podrá expropiar el Olimpo.
Sin ese país te marchitarás, Europa, privada del espíritu que un día te concibió.
(Traducción de Miguel Sáenz, enquanto a minha não fica pronta)